Corona und Digitale Bildung: Digitallobby beutet Ängste aus

Es sei richtig, dass die Lehrer in der Corona-Krise mit großem Einsatz ein digitales Schulnotprogramm organisieren würden. Trotzdem wirft Dr. Burchardt einzelnen Lehrerverbänden und der „Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, Baden-Württemberg“ (GEW) vor, eine „kollektive Illusion“ zu pflegen, wenn die Verantwortlichen als Corona-Folge fordern: „alltagstaugliche LAN- und WLAN-Strukturen, pädagogische Server und eine hundertprozentige Grunddigitalisierung der Schulen“, wie in der Stuttgarter Zeitung“ am 28. April zu lesen war. Ein Skandal sei es, wie die Digitallobby die Ängste während der Pandemie ausbeutet, „um ihre einseitige Agenda im Bildungswesen durchzudrücken.“ Es öffneten sich die Schultore für die großen Player wie Microsoft, Google oder Apple, wenn das Kultusministerium Cloud-gestützte Office-Lösungen zulässt.

Das „Bündnis für humane Bildung“ hält digitale Medien in weiterführenden Schulen für sinnvoll, wenn Schüler die Technik aktiv nutzen. Es wendet sich aber deutlich gegen die Digitalisierung von Grundschule und Kindergarten.

Dr. Burchardt nennt einen weiteren Kritikpunkt, der gerade in der Corona-Krise sichtbar wird: „Es ist keine Pädagogik, einfach Arbeitsblätter per Mail zu verschicken, und sie anschließend zu kontrollieren.“ Entscheidend sei, was Lehrer und Schüler zwischendurch im realen Klassenzimmer erleben sollten: „Didaktische Sacherschließung, Lehren und Lernen, Erklären, Üben und Verstehen. Das geht alles nicht in Video-Konferenzen.“ Und ganz wichtig: „Einbettung der fachlichen Fragen in die persönlichen Beziehungen der Menschen und in den Kontext der gemeinsamen Lern-Geschichte.“ Dr. Burchardt ist sich sicher: „Keine noch so perfekte IT ist in der Lage, an die Stelle der direkten Interaktion von Mensch zu Mensch zu treten.“ Schule und guter Präsenzunterricht seien unersetzbar! Weiterhin kritisiert der Bildungsphilosoph: “Digitale Plattformen sind prinzipiell ungeeignet, Lehren, Lernen und Bildung in einem humanistischen Sinne zu ermöglichen.“ Sie seien dazu nicht einmal funktional in der Lage, was die wacklige Datenübertragung vielerorts bewiesen hat. Auf der Strecke bleibt „die reale Beziehung zwischen Lehrenden und jungen Menschen“.

Das passiert laut Dr. Burchardt auf einer gesellschaftlichen Theaterbühne, auf der „Unterricht simuliert wird“: Schüler verfallen in einen Erledigungsmodus. „Hauptsache, das Aufgabenblatt geht schnell zurück; ob die jungen Menschen dabei tatsächlich etwas lernen, spielt keine Rolle“, sagt Dr. Burchardt. Eltern verzweifelten an der „Taktung der Fernbeschulung“. Erweist sich das Kind als wenig „maschinengängig“, sorge das für ständigen Streit. Aber: „Alle spielen mit, obwohl sie merken, dass es kaum Sinn ergibt“, so der Bildungsphilosoph. „Das kollektiv aufgeführte Theaterstück verschleiert, dass digitaler Fernunterricht schon im Grundsatz zum Scheitern verurteilt ist.“

Original-Kommentar von Dr. Matthias Burchardt:
https://bildung-wissen.eu/kommentare/so-funktioniert-journalismus-nicht.html

Offener Brief „Analoge Schule ist unverzichtbar“
http://www.aufwach-s-en.de/2020/04/analoge-schule-ist-unverzichtbar/

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