Arbeitshypothese und Glaubwürdigkeit

„Der Wissenschaftler muß auf seine Arbeitshypothese vertrauen, einschließlich der rie­sigen, dahinter stehenden Strukturen von Theorien und Annahmen, und wenn sie auch nur sein Argument retten soll. Oft hält sich das ,Argument’ zeit seines Lebens durch. Mit der Zeit wird er zu dem, was er zunächst nur kurzfristig sein wollte: ein echter Gläu­biger. Ich habe das Wort ,Argument’ mit Bedacht gewählt, denn alle naturwissen­schaftlichen, selbst alle mathematischen Beweise sind im Grunde Akte der Überredung. Wissenschaftliche Behauptungen können nie gewiß sein, höchstens mehr oder weniger glaubwürdig. Und Glaubwürdigkeit ist ein Begriff aus der Individualpsychologie, d.h. ein Begriff, der nur im Hinblick auf einen einzelnen Beobachter sinnvoll ist.“
(Weizenbaum, Computer, 1977, 31).