Was die SPD verschläft

Erst wenn man erkennt, dass das Neue der Überwachungsdebatte darin besteht, dass man über eine Industrie und einen Markt spricht – für den sich der englische Geheimdienst nach dem Vorbild der Londoner City und ihren Börsenalgorithmen ausdrücklich anbietet –, versteht man, dass die Snowden-Affäre ein eminentes Kapitel unserer industriellen Moderne ist: ein Zeichen dafür, wie Institutionen gerade im Begriff sind, sich zu ändern, und wozu sie fähig sind. Man hätte das ahnen können, als vor Jahren der ursprüngliche Plan der NSA (der dann dank einhelliger Empörung aufgegeben werden musste), Überwachungs- und Bedrohungsszenarien buchstäblich als Börsen zu organisieren, bekannt wurde. Die Weisheit des „Marktes“ sollte beispielsweise durch Wetten auf Anschläge und politische Rücktritte eine Vorhersage über die Zukunft erlauben. Alles spricht dafür, dass diese Börse, wenn auch entgegen dem ursprünglichen Plan, ohne Wetteinsatz längst entstanden ist.

Politik im Datenzeitalter: Was die SPD verschläft. Frank Schirrmacher zu den Herausforderungen an Parteien, FAZ vom 26.09.2013 und ders. Ungeheuerliche Neuigkeiten, 2015, S. 163