futur iii – das akronym

futur iii ist ein frei erfundenes Akronym. Die deutsche Grammatik kennt nur Futur I (ich werde etwas tun) und Futur II (ich werde etwas getan haben). futur iii öffnet, da grammatikalisch nicht definiert,  Interpretationsmöglichkeiten.

Es dient als Synonym für menschliche Eigenschaften, die nicht technisch abgebildet werden können. Die drei kleinen „i“ bei futur iii stehen für Imagination, Inspiration und Intuition. Es ist zugleich ein Symbol dafür, dass es an uns selbst liegt, was wir aus unserer (hoffentlich demokratischen und humanen) Zukunft machen und versteht sich als Widerstand gegen jede Form von Fortschritts- und Technikglauben und jede Form von  Fatalismus, sei es das Thatchersche „TINA“ (There is no Alternative), sei es die Digitalgläubigkeit wie -hörigkeit, die die Alternativlosigkeit digitaler Systeme nur behauptet. Der „Homo deus digitalis“ ist nur Konsument (bzw. ein gut konditioniertes „Konsumäffchen“, wie es Eva Heller 1984 für die Fernsehzsuchauer formulierte). Das Ziel muss aber sein, auch Digitaltechnik selbstbestimmt und selbstverantwortlich als Werkkzeug zu nutzen statt nur Datenspender für die IT-Monopole zu sein.

„Die Rückgewinnung des politischen Raumes – gegen die Verrohung und Verkürzung der Sprache und der Debatten, aber auch gegen die ungeheure Machtkonzentration bei einer Handvoll von Datenriesen aus dem Silicon Valley –, das ist die drängendste Aufgabe!“ (Steinmeier, 2019)

So jedenfalls Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier zur Eröffnung der Podiumsdiskussion „Zukunftsvertrauen in der digitalen Moderne“ auf dem 37. Deutschen Evangelischen Kirchentag am 20. Juni 2019 in Dortmund

„Die Rückgewinnung des politischen Raumes“ bedeutet, wir haben diesen Raum bereits verloren. Um die Hoheit über das eigen Denken und Handeln wieder zu erlangen, müssen wir darüber nachdenken, was wir tun. Das geht am besten offline. Alle Geräte haben einen Ausschalter und sollte dieser fehlen, stellt man den Strom ab. Wir müssen den Blick von Display und Touchscreen lösen und uns wieder der Realwelt zuwenden.

Denn eine „digitale Zukunft“ gibt es für uns Menschen nicht – allenfalls eine durch zunehmend mehr Digitaltechnik determinierte Umwelt, die ihr immanent totalitäres Gesicht zunehmend deutlicher zeigt. Daher lautet er Untertitel des Projekts: „futur iii – Zwischen Freiheitsversprechen und Totalüberwachung“ Denn das sind die Pole, zwischen denen sich digitale Systeme bewegen: Sie öffnen Räume und Ressourcen, auch Handlungsoptionen,  ermöglichen zugleich aber (für Staaten und Anbieter) die kleinteilige  Kontrolle über jede und jeden Einzelne(n) durch den Rückkanal für personenbezogene Daten.

Und: Digital-Begriffe und Schlagwörter wie digitales Lernen, digitale Schule, digitales Leben sind Teil der Digital-Propaganda, wie es Edward Bernays bereits 1928 in seinem Buch „Propaganda oder die Kunst der Public Relation“ beschreibt. Heute hieße es Agenda-Setting und Framing: Begriffe werden für die eigenen Ziele instrumentalisiert, in ihrer Bedeutung neu besetzt und mit hoher Penetranz so lange wiederholt, bis es zu einem religiösen Mantra wird.

Bernays ist mit seiner Analyse so präzise, dass man ihn für einen Visionär der Massenmedien wie der Neuen (digitalen) Medien halten könnte, wäre er nicht nachweislich amerikanischer Pragmatiker und sein Buch bereits 1928 erschienen, wenn er die Frage stellt, wenn er das mediale Manipulationspotential beschreibt:

„Wer sind diese Personen, die uns, ohne dass wir es merken, unsere Ideen eingeben, die uns sagen, wen wir bewundern und wen verabscheu­en sollen, was wir über die Privatisierung der Versorgungsunternehmen denken sollen, über Einfuhrzölle, den Gummipreis, den Dawes­-Plan zur Regelung der Reparationszahlungen Deutschlands nach dem ersten Weltkrieg, die Einwanderung; die uns sagen, wie unser Haus gestaltet sein sollte, welche Möbel wir darin aufstellen, welche Mahlzeiten wir servieren, welche Hemden wir tragen, welchen Sport wir treiben, wel­che Wettkämpfe wir sehen, welche Filme wir großartig finden, welche Art von Sprache wir sprechen und über welche Witze wir lachen sollen?“ (Bernays, Propaganda, 1928, Reprint 2011)

Armin Grunwald, Professor für Technikphilosophie und Technikethik am „Karlsruhe Institut für Technologie“ und Leiter des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag formuliert in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung  zur Künstlichen Intelligenz (KI) als Technik hinter den bunten Websites und schicken Apps :

„Es geht hier eben nicht einfach um Technik mit ihren Chancen und Risiken, ihren Innovationspotenzialen und Nebenfolgen. Vielmehr betrifft der Kern der Debatte uns selbst als Menschen, vor allem unser Menschenbild. (…) Wir müssen ernsthaft die Frage stellen: Wer sind die Macher der KI, wer verbreitet die Erzählungen und wer will hier eigentlich seine Werte und Interessen hinter einem vermeintlichen Technikdeterminismus verstecken?“ (A. Grunwald, SZ vom 26.12.2019 Künstliche Intelligenz: Gretchenfrage 4.0)

Rückgewinnung des politischen und sozialen Raums und Überwindung des Technikdeterminismus sind die Basis für Autonomie und Selbstbestimmung des Subjekts wie der Gemeinschaft. Dazu werden hier Projekte, Texte, Zitate und anders Material gesammelt ud publiziert.