Wirtschaftsinteressen vor Kindeswohl?

UN-Kinderrechtskonvention 1989 und „Recht auf digitale Teilhabe“ 2021 – Aufforderung an die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ), sich dem Verbot kommerzieller, sozial nur genannter Dienste und privater digitaler Endgeräte (Smartphones) in Schulen anzuschließen.

Von Ralf Lankau und Uwe Büsching (Kurzfassung)

Australien hat im November 2024 ein Gesetz verabschiedet, das kommerzielle „Social-Media“-Anwendungen erst ab 16 Jahren gestattet. Die australische Regierung begründet das Verbot mit den massiven, negativen Folgen für die physische und psychische Gesundheit, das Selbstwertgefühl und die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen. Damit steht Australien nicht allein. Immer mehr Länder reagieren mit Alters- und Zugangsbeschränkungen und Verboten bestimmter Designtechniken, InApp-Käufen u.v.m.

Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) spricht sich jedoch gegen ein Social-Media-Verbot aus – ohne auf die Begründung der australischen Regierung oder ähnliche Entscheidungen anderer Länder einzugehen. Junge Menschen hätten laut den allgemeinen Bemerkung Nr. 25 (2021) zu der UN-Kinderrechtskonvention über die Rechte der Kinder im digitalen Umfeld ein Recht auf „digitale Teilhabe“. Das verkennt, dass sich das World Wide Web durch wenige IT-Monopole und die heute dominierende Plattform- bzw. Datenökonomie seit 2021 zu einem nicht für möglich gehaltenen marktradikalen Überwachungskapitalismus entwickelt hat, der dringend der Kontrolle und Einschränkung durch demokratische Institutionen bedarf. Daher fordern wir die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) auf:

  • Schutz Minderjähriger im Netz. Nehmen Sie die wissenschaftlichen Erkenntnisse und politischen Entscheidungen von immer mehr Nachbarländern zur Kenntnis, die zum Schutz von Kindern und Jugendlichen kommerzielle Internetdienste einschränken oder verbieten. Diese Dienste sind nicht sozial!
  • Frühdigitalisierung bedeutet Frühkonditionierung. Folgen des zu frühen Heranführens und „Aufwachsen in einer digitalen Welt“ sind eklatanten Defizite in der physischen, psychischen, kognitiven und sozialen Entwicklung. Kinder werden genötigt, Bewegtbildern passiv zu konsumieren, am Bildschirm zu arbeiten und zu lernen und mit Avataren zu interagieren.
  • • Smartphoneverbot. Schließen Sie sich dem Verbot privater Endgeräte (Smartphones, Tablets, Smartwatches etc.) an Schulen an oder besser noch: Setzen Sie sich für Kinder und Jugendmedienschutz ein, setzen sie sich an die Spitze der Bewegung, die regulären und ablenkungsfreien Unterricht fordert.
  • Verbot von Dark Patterns. Schützen Sie Kinder und Jugendliche vor manipulativen Designtechniken (dark patterns, Art.13. Nordic Declaration) und verbieten Sie generell das Sammeln und Auswerten von Daten Minderjähriger (Verbot des Profiling für digitale Zwillinge).
  • Verbindliche Alterszugangskontrollen. Fordern Sie analog zu Australien von den Plattformbetreibern zuverlässige Alterszugangsbeschränkungen und die Transparenz der Inhalte und Auswahlkriterien für Angebote an Minderjährige.
  • Presserecht und pädagogische Begleitung. Fordern Sie, dass die Plattform-Betreiber für dort publizierten Inhalte verantwortlich gemacht werden wie in jeder anderen Medienform und setzen Sie sich für begleitende Bildungsmaßnahmen ein, um eine altersgerechte Medienmündigkeit zu vermitteln.

Der ganze Text: Website „Die pädagogische Wende“: Wirtschaftsinteressen vor Kindeswohl?

Der Text (14 Seiten) als PDF:  Lankau/Büsching: Socialmedia- und Smartphone- Verbot

 

Ansprechpartner

Prof. Dr. Ralf Lankau, HS Offenburg (eMail: die-paedagogische-Wende@futur-iii.de)
Dr. med. Uwe Büsching, Bielefeld (eMail: ubbbs@gmx.de)