Es gibt in diesem Zusammenhang ein Zitat von Ihnen [von Eric Schmidt; rl], das mich beunruhigt. 2009 haben Sie gesagt: „Wenn es Dinge gibt, von denen Sie nicht wollen, dass irgendjemand etwas darüber erfährt, dann sollten Sie so etwas nicht tun.“ Noch beunruhigender ist nur der Satz von Mark Zuckerberg, den er auf dem Podium der Sun-Valley-Konferenz sagte, während Sie und ich im Publikum saßen. Jemand fragte, wie es Facebook mit der Speicherung von Daten und dem Schutz der Privatsphäre halte. Und Zuckerberg sagte: „Ich verstehe Ihre Frage nicht. Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.“
Immer wieder musste ich über diesen Satz nachdenken. Ich finde ihn schrecklich. Ich weiß, es ist sicher nicht so gemeint. Aber dahinter stehen eine Geisteshaltung und ein Menschenbild, das in totalitären Regimen, nicht aber in freiheitlichen Gesellschaften gepflegt wird. Einen solchen Satz könnte auch der Chef der Stasi oder eines anderen Geheimdienstes einer Diktatur sagen. Das Wesen der Freiheit ist doch gerade, dass ich nicht verpflichtet bin, all das preiszugeben, was ich tue, dass ich das Recht auf Diskretion und, ja, sogar Geheimnisse habe, dass ich selbst bestimmen kann, was ich von mir preisgebe. Das individuelle Recht darauf macht eine Demokratie aus. Nur Diktaturen wollen anstatt einer freien Presse den gläsernen Bürger.
Offener Brief an Eric Schmidt: Warum wir Google fürchten. Von Mathias Döpfner in der FAZ vom 16.04.2014 (Digitaldebatte) und Frank Schirrmacher (Hrsg.); Technologischer Totalitarismus. Eine Debatte. Berlin, Suhrkamp, 2015, S. 152